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Tariff Tides

Spielräume schaffen: Wie sich Unternehmen auf die drohenden US-Zölle vorbereiten können

Zölle in Höhe von 30 % auf Waren aus der EU – dieses Szenario könnte zum 1. August Realität werden. Bis dahin darf weiter auf eine diplomatische Einigung mit den USA in Form eines transatlantischen Abkommens (15% Zoll auf alle Waren?) gehofft werden. Unternehmen müs-sen die außenpolitische Entwicklung derweil jedoch nicht untätig abwarten: Das Zollrecht gibt ihnen Werkzeuge in die Hand, die es gerade in ungewisser Zeit effektiv zu nutzen gilt. Zu diesen Werkzeugen, den drei Säulen der Zollkonformität, zählen Tarifierung, Warenursprung und Zollwert. Wer versteht, wie diese Elemente zusammenwirken, kann Kostenrisiken senken und auf diese Weise die eigene Wettbewerbsfähigkeit auf dem US-Markt verbessern.

Tarifierung: Die eigenen Produkte verstehen

Jedes Produkt enthält nach dem Harmonized Tariff Schedule (HTSUS) einen Zolltarifcode, der den für die USA anzuwendenden Zollsatz bestimmt. Über den Zollsatz hinaus bildet die Tarifierung die Grundlage unter anderem für die jeweils geltenden Steuern, Handelsbeschränkungen, Genehmigungs- und Lizenzverfahren. Die korrekte Einreihung von Waren in den Zolltarif vor Einfuhr von Waren in die USA ist daher unerlässlich, um Kostenrisiken bereits im Ausgangspunkt zu senken. Auf politischer Ebene sind unter diesem Aspekt vor allem Präferenzbehandlungen im Blick zu behalten, die sich aus Verhandlungen zwischen der EU und den USA zukünftig ergeben könnten. Derzeit, das heißt insbesondere vor dem 1. August, gilt zusätzlich zu den HTSUS-Zollsätzen ein Basiszollsatz von 10 Prozent auf alle Importe aus der EU.

Warenursprung: Der Schlüssel zu Präferenzbehandlung und Zollvermeidung

Der Warenursprung spielt eine entscheidende Rolle im transatlantischen Handel, schließlich gelten die angedrohten US-Zölle nur für Produkte aus der EU, nicht jedoch für Waren „made in USA“. Produkte können nach den Grundsätzen des Warenursprungs vollständig oder teilweise – z.B. durch Verarbeitung – in einem bestimmten Land gewonnen oder hergestellt sein.

Bereits Teilfertigungen oder eine finale Montage in den USA können ausreichen, um von dem Schutz amerikanischer Produkte über den Herkunftsort zu profitieren. Produktspezifisch können Freihandelsabkommen mit den USA außerdem zur Geltung von Präferenzzöllen führen. In jedem Fall sollten Unternehmen erwägen, ihre Lieferkette unter dem Aspekt des Warenursprungs so umzustrukturieren, dass ein ausreichender „US-Anteil“ vorliegt und die betroffenen Produkte auf diese Weise den zusätzlichen Zöllen unterfallen. Besonderes Augenmerk ist hier auf die Bestimmung des Ortes der letzten „wesentlichen Umwandlung“ zu legen.

Zollwert: Mit der „First Sale Rule“ die Bemessungsgrundlage optimieren

Einen weiteren Baustein der Zollgrundsätze bildet schließlich der Zollwert als Grundlage der Berechnung des Zollbetrags. Maßgeblich ist hierfür zumeist der Transaktionswert (Kaufpreis). Da sowohl eine Über- als auch eine Unterbewertung von erheblicher Bedeutung für den transatlantischen Handel sein kann, ist das Bewertungsverfahren in jedem Fall sorgfältig zu prüfen. Dies gilt umso mehr seit Aussetzung der de minimis Regelung im Mai 2025.

Zur Optimierung der Bemessung können Unternehmen den Zollwert auf der Grundlage eines Verrechnungspreises festlegen, der bei einem Verkauf zwischen verbundenen Unternehmen vereinbart wurde, sofern die geltenden Steuervorschriften eingehalten werden. Angesichts der angedrohten Zollerhöhungen kann es sich für Unternehmen außerdem anbieten, die „First Sale Rule“ bei der Ermittlung des Zollwertes zur Anwendung gelangen zu lassen. Diese Regel ermöglicht es innerhalb von Systemen von Zwischenhändlern, den Zollwert auf einen früheren Verkauf in der Lieferkette zu einem oft niedrigeren Preis zu stützen. Beispiel: Ein EU-Hersteller verkauft an einen Zwischenhändler für 100€, dieser verkauft für 120€ weiter an eine US-Firma. Der für die USA geltende Zoll berechnet sich nach der „First Sale Rule“ auf Grundlage der 100€ und nicht der 120€, was bei Geltung eines Zollsatzes von 30% zu erheblichen Einsparungen führt.

Erforderlich ist in der Umsetzung dieses Mechanismus die strikte Einhaltung von Bedingungen in Bezug auf Logistik, Rückverfolgbarkeit und Dokumentation, was eine sorgfältige Vorausplanung sowohl auf vertraglicher als auch auf operativer Ebene erforderlich macht. All dies wird geeigneterweise bei der Umstellung auf B2B-Modelle zu berücksichtigen sein.

(Rechtlich) gewappnet für den Handelskonflikt?

Der transatlantische Handel bleibt von den angedrohten Zöllen vorerst überschattet, die Situation für europäische Unternehmen angespannt. Umso wichtiger ist es für Unternehmen, sich gerade jetzt durch eine passende Gestaltung nach den Zollgrundsätzen Spielraum zu verschaffen. Die Auseinandersetzung mit diesen Grundlagenfragen legt das darin liegende Potenzial offen: Der passende Zollcode vermeidet unnötige Abgaben. Mit der richtigen „Ursprungsstrategie“ kann die Anwendung einer höheren Tarifstufe vermieden werden. Und „First Sale“-Modelle reduzieren effektiv den Zollwert als Bemessungsgrundlage. Das Warten auf Signale aus den USA kann von Unternehmen also dazu genutzt werden, das eigene System zu optimieren und sich im Schatten des Handelskonflikts selbst möglichst wenig angreifbar zu machen.

BLOMSTEIN wird Sie über die weiteren Entwicklungen auf dem Laufenden halten. Bei Fragen zu den drohenden US-Zöllen und zu den skizzierten Vorbereitungsmaßnahmen stehen Ihnen Leonard von Rummel sowie das gesamte Team jederzeit gerne zur Verfügung.

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