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Einheitlicher, sicherer, grüner?

Wie der EU Space Act Aktivitäten im All regulieren will

Kaum ein Thema weist in so handgreiflicher Weise einen grenzüberschreitenden Bezug auf wie die Raumfahrt – und kaum ein Thema ist rechtlich bislang so fragmentarisch reguliert. Das soll sich durch den geplanten EU Space Act ändern, zu dem die Europäische Kommission am 25. Juni 2025 einen Entwurf vorgelegt hat. Der Gesetzgebungsprozess folgt dem ordentlichen Verfahren, es beginnt nun also die Diskussion im Europäischen Parlament und im Rat der Europäischen Union.

Safety, Resilience, Sustainability

Drei Säulen stützen das Gesetzesvorhaben, mit dem sich die Europäische Union an die Spitze der Weltraumpolitik setzen möchte: Sicherheit (safety), Widerstandsfähigkeit (resilience) und Nachhaltigkeit (sustainability). Damit sollen die Vielzahl nationaler Regelungen in der Europäischen Union harmonisiert und auf diese Weise Investitionen gefördert, Kosten gesenkt und der Marktzugang erleichtert werden. Die Europäische Union will durch den geplanten Space Act international wettbewerbsfähig und als weltraumpolitischer Akteur strategisch autonom sein. Der Anwendungsbereich des Space Acts ist dabei denkbar weit: Die Neuregelungen sollen für alle EU- und Drittstaatanbieter gelten, die Dienste in der Europäischen Union erbringen. Einbezogen werden dabei nicht nur Weltraumunternehmen im engeren Sinne, sondern auch Dienstleister, deren Tätigkeiten, etwa im Bereich der Datenverarbeitung, einen Bezug zum Weltraum aufweisen. Von dem Anwendungsbereich ausgeschlossen sind lediglich solche Weltraumprojekte, die ausschließlich der Verteidigung oder der nationalen Sicherheit dienen.

Safety: Schwerpunkt präventive Maßnahmen

Der EU Space Act legt den Schwerpunkt auf Schutz. Vermieden werden sollen zunächst insbesondere Weltraumkollisionen. Hierzu müssen Betreiber von Raumfahrzeugen zukünftig Echtzeitdaten über Position, Kurs und Zustand an die EU-Behörden übermitteln. Reduziert werden soll im Zeichen der Nachhaltigkeit außerdem Weltraummüll. Betreiber von Weltraumobjekten sind zur Entsorgung verpflichtet („End-of-Life Disposal“). Damit will der Gesetzgeber sicherstellen, dass Raumfahrzeuge nach Missionsende nicht unkontrolliert im Orbit verbleiben. Und schließlich sollen die präventiven Ziele des EU Space Act durch eine umfassende Genehmigungspflicht sichergestellt werden: Betreiber benötigen nach dem Entwurf künftig eine EU-weit gültige Zulassung, die umfassende technische Mindestanforderungen und Sicherheitsstandards umfasst.

Resilience: Widerstandsfähigkeit und Cybersicherheit

Essenziell für die angestrebte strategische Autonomie der Europäischen Union im Bereich Raumfahrt ist der Schutz kritischer Infrastruktur gegen Cyberangriffe, Systemausfälle und externe Bedrohungen. Hierzu stellt der Entwurf zum Space Act Cybersicherheitsanforderungen entlang der Lieferkette auf. Betreiber von Weltraumeinrichtungen und -objekten müssen Risiken bei Entwicklung, Betrieb und erbrachten Dienstleistungen systematisch analysieren und absichern. Hierzu gehört insbesondere die Pflicht von Raumfahrtunternehmen, vor Inbetriebnahme bei der zuständigen Behörde ein umfassendes Sicherheitskonzept einzureichen. Zudem soll durch das von der EU-Agentur für das Weltraumprogramm (EUSPA) geleitete „Space Resilience Network“ eine zentrale Plattform zur Koordination von Risikodaten, Frühwarnsystemen und Best Practices auf EU-Ebene eingerichtet werden.

Sustainability: Nachhaltigkeit und Umweltverantwortung

Aktivitäten im All haben ihren Preis, auch für die Umwelt. Der EU Space Act macht es sich deshalb als dritte Säule zum Ziel, Umweltauswirkungen durch die Raumfahrt zu reduzieren und nachhaltige Technologien zu fördern. Konkret macht es der Entwurf für Betreiber verpflichtend, die Umweltbelastungen durch das eigene Projekt von der Entwicklung bis zur Entsorgung zu erfassen, zu analysieren und behördlich vorzulegen („Life Cycle Environmental Assessment“). Startemissionen und Treibstoffe müssen dokumentiert und an eine zentrale EU-Datenbank übermittelt werden. Anreize für „Green Launches“ setzen die geplanten Neuregelungen dadurch, dass nachhaltige Technologien (z.B. wiederverwendbare Träger oder emissionsärmere Treibstoffe) bei der Genehmigung und Förderung von Einrichtungen und Objekten bevorzugt werden.

Risikomanagement: Durchsetzung und Sanktionen

Der Entwurf zum Space Act sieht im Grundsatz eine dezentrale Umsetzung durch nationale Behörden vor, wobei die Aufsicht durch Europäische Kommission und EUSPA eine einheitliche Umsetzung sicherstellen soll. Die zu benennende nationale Stelle verfügt dabei sowohl über Untersuchungsrechte (z.B. den Zugang zu Betriebsstätten) als auch Eingriffsbefugnisse (etwa Unterlassungsanordnungen oder Warnungen). Noch zu konkretisieren sein wird für den geplanten Space Act das Haftungsregime, insbesondere die Haftsumme für Schäden. Bislang sehen die Neuregelungen eine Haftungsdeckelung, insbesondere für Regressansprüche des Staates gegen Betreiber, nicht vor. Zur effektiven Durchsetzung der Neuregelungen sollen die Mitgliedstaaten im Übrigen Vorschriften schaffen, um Verstöße gegen den EU Space Act wirksam, verhältnismäßig und abschreckend zu sanktionieren. Darüber hinaus kann die Kommission EU-weit Bußgelder von bis zu 2 % des globalen Jahresumsatzes verhängen. Spezielle strafrechtliche Bestimmungen sehen die geplanten Neuregelungen überdies vor allem für Aktivitäten mit außenpolitischem Bezug vor (z.B. Sanktionen gegen Russland).

Internationale Verflechtungen: Blick nach innen und außen

Was bedeuten die Neuregelungen für die nationale Entwicklung in Deutschland einerseits und für die Kooperation mit Drittstaaten andererseits?

In Deutschland ist das geplante Weltraumgesetz (WRG) vor dem Bruch der Ampelkoalition nur in das Stadium eines Eckpunktepapiers gelangt. Auf nationaler Ebene liegt ein Gesetz zur Regulierung von Weltraumaktivitäten damit zunächst in weiter Ferne. Der Koalitionsvertrag sieht aber eine stärkere Priorisierung der Raumfahrt als politisches Thema vor. Für die Zusammenarbeit mit Drittstaaten auf der anderen Seite ermöglicht der geplante EU Space Act zur Vereinfachung die Schaffung sog. Äquivalenzregelungen. Gemeint ist damit die Anerkennung etwa amerikanischer oder britischer Zulassungsanforderungen, was internationalen Betreibern zugutekommen soll.

Key Takeaways und Ausblick

Mit dem Inkrafttreten der Neuregelungen ist zum 1. Januar 2030 zu rechnen, wobei eine Übergangsphase von zwei Jahren ab Genehmigung vorgesehen ist – nicht allzu viel Zeit angesichts der Komplexität und Tragweite des Gesetzesvorhabens. Es empfiehlt sich für betroffene Unternehmen daher eine frühzeitige Auseinandersetzung mit dem EU Space Act. Die Harmonisierung der Raumfahrt bietet in dem Rahmen große Chancen: Die Europäische Union stellt umfassende Förderpakete, etwa für die Anrechnung grüner Investitionen bereit. Gleichzeitig gilt es, sich im Hinblick auf das detaillierte Pflichtenprogramm frühzeitig mit Fragen von Compliance und Risikomanagement zu befassen.

BLOMSTEIN wird Sie über die weiteren Entwicklungen auf dem Laufenden halten. Bei Beratungsbedarf und anderen Fragen zum Space Act stehen Ihnen Dr. Leonard von Rummel sowie das gesamte Team jederzeit gerne zur Verfügung.

BLOMSTEIN | Wir beraten unsere internationalen Mandanten in den Gebieten Kartell-, Vergabe-, Außenwirtschafts- und Beihilferecht sowie ESG in Deutschland, Europa und – über unser globales Netzwerk – weltweit.